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Blut verbindet alle

Stiftung für HIV-infizierte Bluter droht das Aus

04.05.2014

Ein Medizinskandal erschütterte in den 80er Jahren das Land: Viele Bluter bekamen HIV und Aids. Verantwortliche hatten die Augen verschlossen vor den Gefahren der Blutpräparate. Später gab etwas Hilfe - jetzt geht das Geld aus.

Berlin (dpa) - Rund 30 Jahre nach dem sogenannten Bluterskandal droht ein Ende der Hilfen für HIV-infizierte Bluterkrankte. Die Mittel reichten nur noch bis 2017, sagte der Vorsitzende des Rates der «Stiftung Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen», Horst Schmidbauer, der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Nötig seien eine Aufstockung der Mittel und ein neues Gesetz.

Die SPD-Abgeordnete Bärbel Bas, Mitglied im Stiftungsrat, sagte der dpa: «Die Menschen brauchen ein Signal, dass sie auch nach 2017 weiter Hilfe bekommen.» Geld aus der Stiftung erhalten Bluter, die in den 80er Jahren mit HIV-verseuchten Blutpräparaten infiziert wurden, sowie deren Angehörige.

«Für die Conterganstiftung hat der Bund nach langen Verhandlungen 120 Millionen Euro zur Verfügung gestellt», sagte Bas. «Wir müssen die Debatte nun ähnlich organisieren.» Im Hintergrund liefen bereits zahlreiche Gespräche. «Auch die Länder, die Pharmaindustrie und das Rote Kreuz müssen sich beteiligen.»

Mehr als 1000 Betroffene seien bereits gestorben, sagte der Vorsitzende der Deutschen Hämophiliegesellschaft, Werner Kalnins, der dpa. Derzeit erhalten noch rund 400 HIV-Infizierte und Aids-Kranke sowie 200 Angehörige Hilfen, die von 511 bis 1534 Euro im Monat reichen.

Bei Hämophilie gerinnt das Blut nur langsam oder gar nicht. Mit dem Aids-Virus hatten sich die Betroffenen in den 80er Jahren über Gerinnungsfaktoren angesteckt, die aus Blutplasma von infizierten Spendern gewonnen worden waren.

Der Skandal dabei: Blutpräparate mit dem Erreger wurden trotz Erkenntnissen über die Gefahren zu spät vom Markt genommen, Risiken heruntergespielt. Auf eine Erhitzung der Plasmaprodukte zur Abtötung der Viren wurde lange verzichtet. Betroffene erhielten kaum Informationen. Wegen des Skandals wurde unter dem damaligen Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) 1994 das Bundesgesundheitsamt aufgelöst.

Ein Jahr später wurde die Stiftung ins Leben gerufen. 100 Millionen D-Mark stellte der Bund, 90,8 Millionen zahlten sechs Pharmafirmen, 9,2 Millionen die Blutspendedienste des Roten Kreuzes, 50 Millionen die Länder. Ursprünglich wurde der Tod aller Betroffenen bis 1999 erwartet. Die Stiftung wurde dann aufgestockt.

Doch wegen der Fortschritte in der Aids-Therapie und weil auch die Kinder Betroffener bis zu ihrem 25. Lebensjahr Hilfe bekommen, sind laut Robert-Koch-Institut Mittel nun bis 2070 nötig. Der ehemalige SPD-Abgeordnete Schmidbauer sagte, laut Hochrechnungen würden noch rund 260 Millionen Euro gebraucht.

Doch das Problem ist noch größer. «Auch für die Opfer, die an Hepatitis C erkrankt sind, sind Entschädigungen nötig», forderte Kalnins. Rund 3000 mit dem HC-Virus infizierte Hämophile lebten noch, etwa 1500 seien gestorben. Nur jene Betroffenen, die auch HIV-infiziert seien, bekämen Leistungen aus der Stiftung.

Laut Schmidbauer wären etwa 80 Prozent der HCV-Infektionen bei Bluterkrankten vermeidbar gewesen, wenn bei der Verwendung von Blutprodukten Richtlinien streng eingehalten worden wären.

Basil Wegener, dpa