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Blut verbindet alle

DHG-Presseerklärung zum Welthämophilie-Tag

14.04.2008

anläßlich des Welthämophilie-Tages am 17. April 2008

Die Deutsche Hämophiliegesellschaft möchte anläßlich des Welthämophilie-Tages am 17. April 2008 auf die Anliegen dieser Patientengruppe hinweisen.

Die Hämophilie (Bluterkrankheit) ist eine angeborene Blutungserkrankung, welche unbehandelt zum Verbluten oder durch Schäden am Bewegungsapparat zum Verkrüppeln führt. Bis in die 50er Jahre galt für diese Patienten auch in Deutschland: „Verbluten, Verkrüppeln und Verarmen“.  Eins von 10.000 Kindern wird mit Hämophilie geboren. In der Bundesrepublik gibt es ca. 4.000 behandlungsbedürftige Hämophile. 80 Prozent der Hämophilen der Welt erhalten keine oder eine völlig unzureichende medizinische Behandlung.

Forderungen der Deutschen Hämophiliegesellschaft (DHG) sind:

  • Angemessene medizinische Versorgung. Hierzu finden Veranstaltungen großer Behandlungszentren sowie durch Patienten in den Regionen statt.
  • Entschädigung für die noch 3.000 lebenden HCV-infizierten Bluter, den „vergessenen“ Opfern eines der größten Medizinskandale.

Weitere Informationen zur Erkrankung, Behandlungssituation und Lage der HCV- und HIV-infizierten Hämophilen können Sie in unserer Geschäftsstelle erhalten. Bitte beachten Sie unsere Anlage zur HCV-Entschädigung.

Anlage:

Menschen, die an der Bluterkrankheit (Hämophilie) leiden, fehlt ein Eiweiß im Blut, das für die Gerinnung notwendig ist. Dadurch kommt es zu schwereren, mitunter lebensbedrohlichen, Blutungen bei Verletzungen sowie zu Spontanblutungen. Die betroffenen Patienten sind deshalb auf eine lebenslange Gabe des fehlenden Gerinnungsfaktors angewiesen. Dieser Faktor wurde aus menschlichem Blut bzw. Plasmaspenden gewonnen, der bis 1985 zu 90 Prozent aus Plasmen, die in den USA zum großen Teil von bezahlten Spendern aus epidemiologisch bedenklichen Regionen (so genannten „hot spots“) gewonnen wurde, stammte. Dadurch bestand die Gefahr, dass mit dem Blut oder Plasma auch Viren, wie zum Beispiel das Hepatitis C- und das HI-Virus, mit „gespendet“ wurden.

Um das Risiko einer Übertragung von Viren nachhaltig zu reduzieren, hat der Gesetzgeber eine Reihe von Tests vorgeschrieben. Seit Ende der 70er Jahre bestand die Möglichkeit, Gerinnungsfaktoren mit Wärme oder dem Zusatz von chemischen Verbindungen zu behandeln, um noch vorhandene Viren abzutöten (Virusinaktivierung).

Diese Sicherheitsmaßnahmen wurden bis Mitte der 80er Jahre sträflich und wider besseren Wissens von Seiten der Pharmazeutischen Industrie und des damaligen Bundesgesundheitsamtes vernachlässigt, mit der Folge, dass Tausende von Blutern mit Hepatitis C-, Hepatitis B- und HI-Viren infiziert wurden. In der ehemaligen DDR wurden Hämophile noch bis zur Wende mit nicht virusinaktivierten Gerinnungsfaktoren behandelt.

Über 1.000 der insgesamt knapp 1.500 HIV-infizierten Hämophilen in Deutschland sind inzwischen an AIDS verstorben. Mittlerweile rücken immer mehr durch Hepatitis C (HCV) verursachte Leberschäden (Leberzirrhose und Leberkrebs) in den Vordergrund. Diese Erkrankungen sind die Haupttodesursachen bei den Hämophilen.

Noch lebende mit dem Hepatitis C infizierte Bluter leiden unter den Folgen der Infektion und sind teilweise nur bedingt oder gar nicht mehr arbeitsfähig. Ein entsprechender sozialer Abstieg ist die Folge.

Der Abschlussbericht des HIV-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages vom November 1994 bestätigte bereits, dass das Fehlverhalten staatlicher Behörden zur HCV-Infizierung von mehr als 3.000 Hämophilen beitrug und enthielt u.a. auch die Forderung, dass in Zukunft ebenfalls das Thema der HCV-infizierten Hämophilen behandelt werden sollte. Die DHG geht deshalb bis zum heutigen Tage davon aus, dass die Verantwortlichen sicherstellen müssen, dass diejenigen, die durch Versäumnisse staatlicher Behörden lebensbedrohlich mit HCV infiziert wurden, angemessen entschädigt werden. Im Falle einer Infektion mit dem HI-Virus ist dies bereits in den 80er Jahren geschehen. Überlebende Hämophile, die mit dem Hepatitis C-Virus durch kontaminierte Blutprodukte infiziert wurden, warten bis heute auf eine angemessene Entschädigung.

Mehr als zehn Jahre wurde das Thema durch das Bundesgesundheitsministerium verschleppt und wird wohl letztendlich ohne Ergebnis „zu Grabe getragen“ werden. Bei den Hämophilen drängt sich der Eindruck auf, dass die Politik angesichts der sich häufenden Todesfälle bei den HCV-Infizierten hofft, dieses Problem werde sich über kurz oder lang von alleine lösen.

In vielen europäischen Staaten wie Großbritannien, Irland, Norwegen, Spanien, Schweden und Ungarn und außereuropäischen Ländern, wie in Neuseeland, Kanada und kürzlich in Japan, gibt es inzwischen eine entsprechende Entschädigungsregelung für HCV-infizierte Hämophile.

In diesen Ländern standen die Regierungen zu ihrer Verantwortung gegenüber den betroffenen Menschen.

Wir fordern daher die Bundesrepublik Deutschland nochmals auf, ihre dramatischen Versäumnisse endlich einzugestehen und für die Betroffenen eine entsprechende finanzielle Entschädigung auf den Weg zu bringen, die ihnen wenigstens das verbleibende Leben erleichtert und erträglicher gestaltet.

(versendet an 30 Presseagenturen)