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Blut verbindet alle

Stand der HCV-Behandlung

03.05.2009

Aktuelle Übersicht

Eine chronische Hepatitis C-Infektion kann über Jahre zu einer Vernarbung der Leber und schließlich zum Endstadium, der Leberzirrhose, führen. Da dies zu schwerwiegenden Krankheiten führen kann, sollte grundsätzlich jeder Patient mit Neudiagnose einer Hepatitis C von einem Spezialisten gesehen werden, um sich hinsichtlich der Notwendigkeit einer Therapie beraten zu lassen. In den letzten Jahren ist es durch die Weiterentwicklung der Interferone und des Einsatzes von Ribavirin in der Behandlung der chronischen Hepatitis C-Infektion zu deutlichen Verbesserungen im Therapieansprechen gekommen. Während es in den Anfängen unter einer Standard-Interferon Therapie in fünf bis 20 Prozent aller Patienten zu einer Ausheilung der Hepatitis kam, werden unter einer modernen Interferontherapie heutzutage Heilungsraten in 54 bis 63 Prozent der behandelten Fälle erzielt. Dennoch gibt es auch heute noch Patienten, welche schwierig zu behandeln sind oder bei denen eine Interferontherapie versagt hat. Im Folgenden möchten wir kurz die aktuellen Therapieempfehlungen darstellen und einen Ausblick auf neue Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten geben.

Neue Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der HCV-Infektion

Im Herbst 2008 haben sich Experten und Fachgesellschaften getroffen, um die neuen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der chronischen Hepatitis C zu erstellen. Wichtigste Neuerungen sind die Empfehlung zu einer frühzeitigen Therapie und die Individualisierung der Therapiedauer anhand der Viruslast vor Therapiebeginn und dem Abfall der HCV-RNA unter der Therapie.

Diagnostik und Therapieempfehlung

Bei erhöhten Leberwerten oder aber Beschwerden im Sinne einer Gelbsucht (Hepatitis) sollte immer auch an die Möglichkeit eine Hepatitis C-Infektion gedacht werden und entsprechende Labortests erfolgen. Bei Verdacht auf kürzlich erfolgte Infektion (erst vor wenigen Wochen) oder aber HIV positiven Patienten ist neben einem normalen anti-HCV Antikörpertest ggf. ein Direktnachweis des Erregers mittels so genannter PCR notwendig, da zum Beispiel aufgrund einer Immunschwäche Antikörper nicht oder verzögert gebildet werden können. Ebenso können bei erst kurz zurückliegender Infektion noch keine messbaren Antikörper vorhanden sein. Neu ist, dass die Mehrheit der Experten im Falle einer chronischen Hepatitis C grundsätzlich zu einer Therapie rät. Auch wenn es Patienten gibt, welche über Jahrzehnte mit einer chronischen Hepatitis C leben, ohne daran zu erkranken, so sind die Heilungschancen bei einer frühen Therapie der Hepatitis C besser als in einem späteren Stadium, wenn eine Vernarbung der Leber bereits vorliegt. Im Gegensatz zu früheren Leitlinien sind  erhöhte Leberwerte oder das Vorliegen einer Leberfibrose nicht mehr ausschlaggebend für eine Therapie. Auch ist eine Leberbiopsie in der Regel nur noch dann notwendig, wenn Unsicherheiten in der Diagnose bestehen und andere Erkrankungen auszuschließen sind. Soll nur der Vernarbungsgrad der Leber bestimmt werden, kann auf so genannte nicht-invasive Methoden, zum Beispiel ein Spezialultraschall (Fibroscan), ausgewichen werden.

Neu ist auch, dass Patienten, welche bereits Komplikationen der Leberzirrhose erlitten haben, wie zum Beispiel ein Leberkoma oder Bauchwasser, eine Interferontherapie erhalten können. Bislang war von einer Behandlung aus Sorge um eine weitere Verschlechterung der Leber unter der Therapie abgeraten worden. Da eine Behandlung in einem solchen Fall dennoch nicht ungefährlich ist, sollte sie allerdings nur an einem erfahrenen Zentrum erfolgen.

Akute Hepatitis C

Von einer akuten Hepatitis C spricht man, wenn die Infektion nicht länger als sechs Monate zurück liegt. Da eine spontane Ausheilung nur in etwa einem Viertel aller Fälle zu erwarten ist (bei Patienten mit einer Immunschwäche noch geringer), sollte der Patient nach Diagnosestellung sorgfältig überwacht und ggf. früh einer Interferontherapie zugeführt werden, da eine Interferonbehandlung in der akuten Phase zu deutlich besseren Therapieerfolgen führt als eine Behandlung im chronischen Stadium. Weil die Diagnose einer akuten Hepatitis C selten ist, sollte in jedem Fall ein Spezialist zu Rate gezogen werden, der in der Behandlung der akuten Hepatitis C Erfahrung hat oder aber eine Studie hierzu anbieten kann. Weitere Informationen hierzu sind über das Deutsche Kompetenznetz Hepatitis (<link http: www.hepnet.de>www.hepnet.de, für HIV-negative Patienten) oder aber die Universität Bonn (siehe Anschrift des Autors, für HIV-positive Patienten) abrufbar.

Therapie der chronischen Hepatitis C

Nach wie vor ist die Therapie der Wahl eine pegylierte Interferonbehandlung in Kombination mit Ribavirin. Ribavirin wird je nach Körpergewicht und HCV Genotyp (die Typen 1 bis 4 sind die häufigsten) dosiert. In Abhängigkeit vom vorliegenden HCV Genotyp, der Ausgangsviruslast und der Schnelligkeit des Abfalls der HCV-Viruslast unter Behandlung wird dabei die Behandlungsdauer an jeden Patienten individuell angepasst (Abbildung 1 und 2). Je später der Patient HCV-RNA negativ wird, umso länger sollte die Behandlung erfolgen. Man unterscheidet Rapid-Responder (HCV-RNA negativ zu Woche vier), Standard-Responder (HCV-RNA negativ zu Woche zwölf) und Slow-Responder (HCV-RNA negativ zu Woche 24).

Unter der Therapie gibt es verschiedene Kontrollpunkte, an denen über eine Weiterführung der Therapie entschieden wird. Kommt es nämlich nicht zu einem deutlichen Abfall der HCV-RNA unter Therapie, so ist ihre Fortführung nicht erfolgsversprechend und sie kann abgebrochen werden. Ist die HCV-RNA zu Woche zwölf nicht um den Faktor 100 (= 2 log10) gefallen, so sind die Chancen auf eine Heilung auch unter fortgesetzter Therapie gleich Null und eine weitere Therapie daher nicht sinnvoll. Ebenso ist es nicht sinnvoll die Therapie weiterzuführen, wenn zu Woche 24 die HCV-RNA weiter nachweisbar ist.

HIV-Infektion

Ähnlich wie bei HCV-Monoinfizierten hat sich durch die Weiterentwicklung der Interferone und die Einführung der körpergewichtsadaptierten Ribaviringabe eine deutliche Verbesserung der Ausheilungsraten der chronischen Hepatitis C auch bei HIV-Infizierten gezeigt. In neueren Studien zeigen sich hier im Vergleich zu HCV-monoinfizierten Patienten nur noch geringe bis gar keine Unterschiede mehr im Therapieansprechen. HIV/HCV-koinfizierte Patienten sind allerdings besonders hinsichtlich des Fortschreitens der Lebererkrankung und dem Erleiden einer Leberzirrhose gefährdet. Nicht nur eine gezielte Therapie der HCV-Infektion, sondern auch eine Behandlung der HIV-Infektion können hier ein Fortschreiten der Leberfibrose verhindern oder  günstig beeinflussen. Daher sollte jeder HIV/HCV-koinfizierte Patient einem Spezialisten zur Beratung hinsichtlich einer HIV- und HCV-Therapie vorgestellt werden. Die Behandlung der Hepatitis C hat sich ähnlich wie bei HCV-monoinfizierten Patienten zunehmend individualisiert, und die Therapiedauer ist an die Ausgangsbedingungen und den Therapieverlauf gekoppelt. Allerdings ist aufgrund der Immunschwäche bei HIV-Patienten die Therapiedauer insgesamt länger als bei HCV-Monoinfizierten.

HCV Genotyp 1 / Therapieversagen / Relaps (Rückfall)

Während die Genotypen 2 und 3 bereits heute unter einer modernen pegylierten Interferon- und Ribavirintherapie in etwa 66 bis 93 Prozent ausheilen, ist der HCV Genotyp 1 nicht so gut zu behandeln und heilt nur in etwa 50 Prozent der Fälle aus. Mit der Entwicklung neuer Medikamente, welche gezielt in den Vermehrungszyklus des HCV-Virus eingreifen (Specifically targeted antiviral therapy for hepatitis C, STAT C) gibt es nun Hoffnung auf eine Verbesserung des Therapieerfolges bei Patienten mit HCV Genotyp 1. In den aktuellen Studien der am weitesten in der klinischen Entwicklung fortgeschrittenen STAT-C, Boceprevir und Telaprevir wurden hier deutlich bessere Ausheilungsraten beobachtet. So erreichten in der Studie mit dem Proteasehemmer Boceprevir unter der Standard-Therapie 38 Prozent, unter der Kombination von Boceprevir + Standardtherapie 74 Prozent aller Patienten mit HCV Genotyp 1 Infektion eine Heilung. Ähnlich wurde auch unter Telaprevir  ein deutlich besseres Ansprechen gesehen (Standard-Therapie 46 Prozent, Telaprevir + Standardtherapie 69 Prozent). Auch für Patienten mit vorangegangenem Therapieversagen unter einer modernen Therapie gibt es wieder Hoffnung mit bislang guten Ansprechraten unter einer Re-Therapie mit STAT-C. Alle neuen Substanzen haben bislang jedoch gemeinsam, dass das HCV-Virus sehr schnell resistent gegen das jeweilige Medikament wird, wenn es alleine und für längere Zeit eingesetzt wird. Daher werden derzeit alle Medikamente in Kombination mit einer herkömmlichen pegylierten Interferon und Ribavirintherapie getestet. Auch ist bislang keines der Medikamente zugelassen; Experten rechnen daher nicht vor 2010 mit neuen Möglichkeiten zur Behandlung der Hepatitis C im klinischen Alltag.

Zusammenfassung:

Auch heute schon lassen sich bei den gut zu behandelnden HCV-Genotypen 2 und 3 in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Heilung mit einer modernen pegylierten Interferon- und Ribavirintherapie erreichen. Dabei ist die Therapie zunehmend „maßgeschneidert“ an die Bedürfnisse des Patienten, so dass eine Über- oder Untertherapie vermieden wird. Neue Substanzen zur Behandlung der Hepatitis C sind in der Entwicklung, die eine bessere Behandlung der HCV-Genotyp 1-Infektion und von Therapieversagern erlauben werden. Allerdings ist bislang keine der Substanzen zugelassen, so dass nicht vor 2010 mit der Verfügbarkeit vor Ort gerechnet werden kann.

Dr. Martin Vogel und Professor Jürgen Rockstroh

Immunologische Ambulanz
Medizinische Klinik und Poliklinik I
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