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Blut verbindet alle

Was ist die Von-Willebrand-Erkrankung?

Die Von-Willebrand-Erkrankung (VWD, von Englisch: Von-Willebrand-Disease) ist weltweit die häufigste angeborene Blutstillungsstörung. Etwa 1% der Bevölkerung ist davon betroffen. Charakteristisch ist der Defekt der primären Blutstillung (betrifft den ersten, vorläufigen Wundverschluss). Bei einigen VWD-Typen kann zusätzlich eine sekundäre Blutgerinnungsstörung (betrifft die Gerinnselbildung und den festen Wundverschluss) aufgrund eines Faktor VIII-Mangels vorliegen. Dann sind sowohl die primäre als auch die sekundäre Hämostase (Blutstillung) gestört.

Das Krankheitsbild wurde erstmalig 1926 von Erik Adolf von Willebrand bei Patienten auf den Aaland-Inseln beschrieben. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen, wobei bei Frauen aufgrund der häufigen Menstruationsblutungen und postpartalen Blutungen (Blutungen nach der Geburt) meist eine schnellere Diagnose gestellt wird.

Die VWD wird in drei Typen (mit vier Untertypen des Typs 2) eingeteilt. Bei Typ 1 und 3 ist der Von-Willebrand-Faktor (vWF) quantitativ vermindert (d.h. es ist weniger vWF vorhanden). Bei Typ 2 (A,B,M,N) ist der vWF qualitativ defekt (d.h. die Funktionsweise des vWF ist beeinträchtigt). Typ 1 ist der häufigste Typ. Typ 3 ist der schwerste Typ: Hier fehlt der vWF völlig.

Der vWF ist ein Glykoprotein (Eiweiß, an das Zuckergruppen gebunden sind) im Blut. Er ist aus mehreren Untereinheiten aufgebaut und hat unterschiedliche Funktionen: Er wirkt als Adhäsivprotein (als „Klebstoff“ bildet er eine Brücke zwischen Endothel und Thrombozyten), als Transportprotein (er transportiert den Faktor VIII im Plasma) und als Schutzprotein (er schützt den Gerinnungsfaktor VIII vor dem schnellen Abbau).

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Wie macht sich das Von-Willebrand-Syndrom bemerkbar?

Das Leitsymptom des vWS ist die verlängerte Schleimhautblutung. Sie äußert sich vorwiegend in Nasenbluten, Zahnfleischbluten, Menstruationsblutungen, Magen-Darm-Blutungen und urogenitalen Blutungen (z.B. Blase, Harnröhre und Gebärmutter). Auch oberflächliche Hämatome (Blutergüsse) können häufig auftreten. Blutungen nach Zahnextraktionen, Mandeloperationen und nach Operationen im Nasenrachenraum sind typisch. Auch bei anderen Operationen sind die Patienten blutungsgefährdet. Muskel- und Gelenkblutungen kommen in der Regel nur bei dem schwersten Typ (Typ 3) vor.

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Wie wird das Von-Willebrand-Syndrom vererbt?

Typ 1, 2A, 2B und 2M werden in der Regel dominant, Typ 3 und Typ 2N in der Regel rezessiv vererbt. Dominant bedeutet, dass bei einem Kind die Krankheit auftritt, auch wenn es die entsprechende Erbinformation von nur einem Elternteil erbt. Rezessiv bedeutet, dass ein Kind die Veränderung auf dem vWF-Gen von beiden Elternteilen erben muss, damit die Krankheit auftritt. Erbt es nur ein verändertes vWF-Gen, erkrankt es nicht. Es ist dann aber Anlageträger und kann das veränderte Gen an seine Nachkommen weitergeben.

Die Stärke der Blutungsneigung eines Patienten wird nicht nur durch die Erbfaktoren (Genotyp) bestimmt. Das tatsächliche Ausmaß einer Blutungsgefährdung (Phänotyp) lässt sich manchmal schwer vorhersagen. Auch die vorliegenden Laborwerte können darüber nicht immer eine zuverlässige Auskunft geben.

 

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Wichtige Verhaltensregeln für Patienten mit Von-Willebrand-Syndrom

  • Alle üblichen Impfungen sollten durchgeführt werden.
  • vWS-Patienten sollten immer einen Notfallausweis mit sich führen. In diesem sollten die genaue Diagnose sowie die Telefonnummer des zuständigen Hämophilie-Zentrums (24 h erreichbar) vermerkt sein. Der Notfallausweis muss regelmäßig vom behandelnden Arzt auf Aktualität und Richtigkeit überprüft werden.
  • Acetylsalicylsäurehaltige Medikamente sollten vermieden werden. Neben den ASS-haltigen Medikamenten dürfen auch andere Medikamente, die die Plättchenfunktion behindern, nicht gegeben werden bzw. nur nach Anweisung durch einen gerinnungsspezialisierten Arzt (siehe hierzu die Liste mit erlaubten /verbotenen Medikamenten)

Textauszüge aus der DHG-Broschüre „Das Von-Willebrand-Syndrom“ (Prof. Dr. Inge Scharrer, 2020). Die Broschüre kann kostenlos über die DHG-Geschäftsstelle bestellt werden.

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