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Blut verbindet alle

HCV

Mehr als 80% der Hämophilen, welche noch nicht-virusinaktivierte Präparate erhalten haben, sind mit Hepatitis C infiziert. Die Hepatitis C ist eine Erkrankung, welche in der gesamten Welt vorkommt und besonders häufig in Ägypten auftritt. In Europa ist vor allem der Genotyp 1 vertreten. Bei etwa 25% der Patienten, die sich eine Hepatitis C zuziehen, heilt diese spontan aus. Bei 75% kommt es zu einer chronischen Hepatitis C, wobei es bei etwa 25% der Patienten nach 20 Jahren zu der Entwicklung einer Leberzirrhose kommt. Bei fortgeschrittener Fibrose ist dann auch das Risiko für die Entwicklung von Leberkrebs erhöht.

Die Hepatitis C hat Auswirkungen auf nahezu sämtliche Organe des Körpers, zum Beispiel sind auch Herzkrankheiten und Schlaganfälle bei Patienten, welche mit Hepatitis C infiziert sind, deutlich häufiger als in der Gruppe der nicht infizierten. Daher sollte jede chronische Hepatitis C auch vor Auftreten einer fortgeschrittenen Fibrose therapiert werden.

Während unter der früher verfügbaren HCV Therapie mit PEG-Interferon und Ribavirin über 24-48 Wochen nur 50-70% der Patienten erfolgreich therapiert werden konnten, und auch erhebliche Nebenwirkungen zu verzeichnen waren, lässt sich mittlerweile mit den sogenannten direkt antiviralen Medikamenten (DAA) (in der Regel als Fixdosiskombination) mit alleiniger oraler Therapie über 8-12 Wochen bei über 97% der behandelten Patienten eine dauerhafte Ausheilung der Hepatitis C erreichen. In der Regel werden heute pangenotypische Regime verwandt (z.B. Sofosbuvir/Velpatasvir oder Glecaprevir/Pibrentasvir), die gegen alle bekannten HCV-Genotypen aktiv und wirksam sind. Im seltenen Fall eines virologischen Therapieversagens ergeben sich Optionen durch die Behandlung mit Kombinationen von HCV-Medikamenten aus drei Medikamentenklassen, die dann spätestens zum Erfolg führen sollten. Wichtig ist, dass Patienten, die vor DAA bereits eine Leberzirrhose aufwiesen, auch nach Ausheilung der Hepatitis C regelmäßig auf das Auftreten von Leberkrebs untersucht werden sollten (am besten Ultraschall der Leber alle 6 Monate). Wichtig ist auch darauf hinzuweisen, dass es zu Medikamenteninteraktionen zwischen HCV-Medikament und anderen Medikamenten (z.B. HIV-Medikamente) kommen kann, so dass vor der Therapie entsprechend nach etwaigen Medikamenteninteraktionen geschaut werden sollte. Beeindruckend ist die gute Verträglichkeit der neuen HCV-Therapien, die sicher einen der wesentlichsten medizinischen Fortschritte der letzten Zeit darstellen.

Prof. Dr. Jürgen Rockstroh

Das Europaen Haemophilia Consortium (EHC) hat einen Film über das Leben mit Hämophilie und Hepatits C erstellt (auf Englisch): Living with Hepatitis C in Europe.

Mitgliederbefragung unter HCV-Infizierten

Auf die von uns mit den Hämophilie-Blättern 2/2017 verschickte Umfrage zum Thema HCV-Infektion haben wir 197 auswertbare Rückläufer erhalten. Unseres Wissens nach wurde in Deutschland bislang keine vergleichbare Befragung durchgeführt, so dass wir nun erstmals greifbare Zahlen zum Gesundheitszustand der HCV-infizierten Hämophilen vorlegen können. Mit fast 200 Teilnehmern ist unsere Erhebung als durchaus aussagekräftig zu bewerten.

Die Befragung ergab, dass ein Großteil der Befragten eine HCV-Therapie durchlaufen hat. Nur 13% gaben an, keine HCV-Therapie durchgeführt zu haben. So erstaunt es nicht, dass 88% der Teilnehmer antworteten, dass bei ihnen das Virus derzeit nicht nachweisbar sei (HCV-PCR negativ).

Diese erfreulichen Zahlen sprechen für die hohen Erfolgsraten der neuen HCV-Therapien, die mittlerweile vielen Betroffenen dazu verholfen haben, virenfrei zu werden. Noch vor ein paar Jahren wären die Antworten auf diese Frage mit Sicherheit ganz anders ausgefallen.

Doch mit erschreckender Deutlichkeit führen die Antworten auf die nächste Frage vor Augen, dass das Thema HCV-Infektion trotz der neuen Therapien keineswegs als erledigt betrachtet werden kann: Die Hälfte(!) der Befragten gab an, bleibende Leberschäden zu haben. 34% antworteten, dass bei ihnen eine Fibrose vorliegt. 17% leiden an einer Zirrhose.

Zwar können wir nicht ausschließen, dass die Patientengruppe mit bleibenden Leberschäden unter den Teilnehmern unserer Befragung überdurchschnittlich vertreten ist. Aber selbst wenn man diesen etwaigen Effekt berücksichtigt: Die Zahlen sind erschütternd.

Wir werden die Ergebnisse der Befragung bei unseren weiteren Bemühungen um eine gerechte Entschädigung mit ins Feld führen.